do 15/09 18:00 | eröffnungsprogramm – eva claus & ewelina rosinska
Für unser diesjähriges Eröffnungsprogramm haben wir die zwei Filmemacherinnen Eva Claus und Ewelina Rosinska eingeladen, eine Auswahl ihrer Filme zu präsentieren. Beiden haben zudem je einen weiteren Film von anderen Filmemacher:innen ausgewählt, der ihre Arbeiten begleitet und eine Referenz, einen Kommentar oder auch nur eine kleine Beifügung bildet. Eva Claus dreht seit 2015 Filme, hauptsächlich auf 16mm. Zunächst war sie an der Wiener Friedl Kubelka Schule, später an der Royal Academy of Arts in Gent. Ihre Filme zeichnen sich häufig durch Alltagsbeobachtungen von Menschen und Landschaften aus, kleine und doch oft überraschende Begegnungen und Eindrücke, denen sie in kontemplativer Weise ihre Aufmerksamkeit schenkt. Sie sind geprägt durch ein besonderes Gespür für zirkuläre, repetitive Rhythmen, die den Prozess des Filmemachens selbst reflektieren. Claus wird drei Filme aus den letzten vier Jahren zeigen: 2Heim (2018), Tirana (2020) und Any Way (2022). 2Heim wurde in Wien gedreht, kurz bevor Eva wegzog. Ein Abschied kündigt sich an, die Zeit vergeht, unentrinnbar, immer schneller. In der albanischen Hauptstadt Tirana beobachtet Claus mit amüsierter Neugier Kinder und Jugendliche, die einen brutalistischen Pyramidenbau zweckentfremdend heraufklettern und wieder herunterrutschen. In Any Way begleitet die Kamera drei Läufer:innen auf der Laufbahn im Wechsel von Verlangsamung und Normalzeit. Details, die sich in der Schnelligkeit verlieren, werden sichtbar, die Rhythmuswechsel erzeugen eine tranceartige Stimmung. Zusätzlich zu dieser Auswahl zeigt Claus All My Life (1966) von Bruce Baillie, den er im sommerlichen Kalifornien gedreht hat. Die Kamera fährt in einer simplen, kontinuierlichen Bewegung einen Palisadenzaun entlang, der Himmel strahlt tiefblau, wir hören eine alte, verkratzte Aufnahme des gleichnamigen Songs von Ella Fitzgerald und „etwas Magisches – nennt es Kino“ (Manohla Dargis) geschieht.
Mit Ewelina Rosinska freuen wir uns ebenfalls ein Screening ihres Films Popiół imieniem jest człowieka (work in progress) ankündigen zu dürfen. Nach einem Kunstgeschichtsstudium in Kraków hat sie an der dffb (Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin) studiert und dort die Bolexwerkstatt von Ute Aurand besucht. Rosinskas Arbeitsweise verfährt intuitiv und persönlich, auf der Suche nach Eindrücken, die sie an verschiedenen Orten ihres Lebens aufsammelt. Bilder, die sie findet und die sich ihr aufdrängen, um sie dann im Schneideprozess aneinanderzufügen und neue Verbindungen zu knüpfen:
Krakau in Polen und Lemberg in der Ukraine bilden den geografischen Rahmen von Popiół imieniem jest człowieka. Die Bilder der Umgebung sind verwoben mit Aufnahmen aus der Welt meiner Großeltern, die beide über 80 Jahre alt sind. In ihren Körpern und Praktiken scheint die Kriegs- und Nachkriegsgeschichte sowie die nationalkatholische Erzählung Polens eingeschrieben zu sein. In den Schriften meines Lieblingsmalers lese ich, dass die polnische Landschaft für ihn den Blick ständig auf den Boden zu lenken scheint – und uns dazu bringt, nicht über den Horizont, sondern unter unsere Füße zu schauen, auf die Knochen, die in jedem Schritt begraben sind. In diesem Film schaue ich nicht geradeaus in die Ferne, dennoch versuche ich, meinen eigenen Blick zu finden, der sehr zweideutig ist, voller Kritik und Faszination zugleich. (Ewelina Rosinksa)
Dazu wird die Filmemacherin Mojave (2006) des polnischen Malers und Filmemachers Wilhelm Sasnal zeigen, den er in der gleichnamigen Wüste in den USA gedreht hat. Seine Arbeit war für die Entstehung von Rosinskas Film ein wichtiger Begleiter. Mit einer Handkamera filmt Sasnal seine Frau und seinen Sohn zwischen Flugzeugruinen zu Musik polnischer Filme aus den 50ern.
2Heim
R: Eva Claus, 16mm, s&w, stumm, 2,5 min, 2018
Tirana
R: Eva Claus, 16mm, s&w, stumm, 3 min, 2020
Any Way
R: Eva Claus, 16mm auf hd, s&w, ton, 17,5 min, 2022
All My Life
R: Bruce Baillie, 16mm, farbe, ton, 3 min, 1966
Popiół imieniem jest człowieka (Arbeitstitel/work in progress)
R: Ewelina Rosinska, 16mm auf dcp, farbe & s&w, ton, 20,5 min
Mojave
R: Wilhelm Sasnal, 16mm auf hd, farbe, ton, 6,5 min, 2006