Unser diesjähriges frankfurter formen-Programm zeigt verschiedene Arbeiten des in Berlin lebenden Filmemachers, Fotografen, Videokünstlers und Kurators Theo Thiesmeier. Thiesmeier hat in den 1980ern in Peter Kubelkas Filmklasse an der Städelschule studiert, es folgten Aufenthalte und Beschäftigungen an der Cooper Union School of Art (Studium bei Robert Breer und P. Adams Sitney) und im Anthology Film Archive in New York. Zehn Jahre lang war er außerdem Teil des Programmkollektivs Filmsamstag, in dem er zusammen mit u.a. Ute Aurand, Renate Sami, Milena Gierke und Bärbel Freund Filmabende organisierte. Seine frühen Filmarbeiten auf Super 8 und 16mm verbinden einen neugierigen, mit einem ihm eigentümlichen Humor gespickten Blick auf sein Umfeld mit dem Interesse für die spezifischen Aufzeichnungsmechanismen der gewählten Filmmedien. So wirkt sich beispielsweise die vorgegeben Länge der Super 8-Kassette auf die Konzeption und den Schnitt der einzelnen Filme aus, wie in Hannover, der die letzte Zeche (namens "Zeche Hannover") in Bochum zeigt, Dartmoor (aufgenommen in Südwestengland) und Wald (im Frankfurter Stadtwald gedreht), die zwischen 1983 und 85 entstanden sind. In Kamera (1989) überträgt er diese contraintes des Super 8-Filmkonzepts auf die Bedingungen der 16mm-Bolex-Kamera. Bude – Kommen und Gehen (1991/1995/2001) ist ein zugleich witzig-leichter wie formschöner Film, das Szenen einer Frankfurter Trinkhalle einfängt:

Eine Bude, Wasserhäuschen, Trinkhalle oder auch Kiosk ist ein Ort, wo Alkohol, Zeitungen, Süßigkeiten, Zigaretten und solche Dinge verkauft werden, ohne dass es einen betretbaren Verkaufsraum gibt. An oder in unmittelbarer Nähe des Gebäudes stehen die Kunden, während sie Bier trinken, rauchen, Zeitung lesen und sich unterhalten. Es ist ein sehr urbaner Ort, der privates Verhalten in einen öffentlichen Raum bringt. Ich war eher an den Momenten der Bewegungen, des Stehens, Posierens, und sozialer Interaktionen generell interessiert, als an einzelnen biografischen Geschichten der Protagonisten. Alle Aufnahmen wurden von drei Kameras gleichzeitig gemacht. Das erlaubte mir, allereinfachste Alltagsbewegungen festzuhalten, um sie auf eine Weise zusammenschneiden zu können, wie ich das schon lange Zeit gewollt hatte. (T.T.)

Im Programm wird eine Mischung aus Super 8, 16mm und digitalisierten Filmen (letztere wurden nach ihrer Fertigstellung zum Teil umgeschnitten) gezeigt. Wir freuen uns sehr, dass Theo Thiesmeier zu Gast sein wird.

Vorab sind zwei in diesem Jahr entstandene Super 8-Filme, von James Edmonds und Gunter Deller, zu sehen. In Disappearences (2023) schildert Edmonds seinen "ersten Besuch in England nach einer Pause von zwei Jahren. Es ist, als ob ich jedes Thema zum ersten Mal entdecke. Die Objekte werden eins nach dem anderen aufgegriffen. Jede Form scheint ihre Auflösung zu enthalten, eine Vorahnung des Verlusts. Ein hungriger Geist, der sich am Rande einer Wolke festhält, wirft seine Wünsche ins Meer." (J.E.). Film mit Möwe (Politika) zeigt "bei den Spaziergängen in einem Fischerdorf auf der griechischen Insel Euböa direkt in der Kamera arrangierte Fundstücke, eine mit Licht gemalte filmische Impression." (G.D.). Das Screening selbst wird in der Städelschule stattfinden, eine Premiere für exf f. und eine Zusammenführung von Entstehungs- und Aufführungsort, die uns sehr freut.