über uns
Fünf Jahre exf f. – vielleicht ein kleines Jubiläum, aber eines, das für uns von großer Bedeutung ist und das in Zeiten von Budgetkürzungen und sich wandelnden Prioritäten in der Kulturszene von der Verankerung zeugt, die das Festival sowohl in der Frankfurter Filmszene als auch zunehmend auf europäischer Ebene erreicht hat. Ein Jubiläum als Feierlichkeit – eine Zelebrierung dessen, was Kino sein kann, wenn es von narrativen Zwängen und akademischen Definitionen befreit ist, und eine Danksagung all diejenigen, die das Festival begleitet haben, aus nah und fern.
Eine Hommage an die Schönheit der Welt, die gleichzeitig eine kritische Revision des eigenen Blicks, der Geschichte des Kolonialismus und der bestehenden Verhältnisse unternimmt - dies könnte einer der Zugänge zu Peter Hutton und Mark LaPore sein, deren Werke wir in einer dialogischen Retrospektive präsentieren. Kuratiert und vorgestellt von Arindam Sen und Daniel Swarthnas, die für uns zu lieben Weggefährten geworden sind, wird dieses Programm eine der seltenen Gelegenheiten (zumindest außerhalb der USA) sein, den konzentrierten Schwarz-Weiß- und Farb-Kompositionen von Städten und dem Meer von Peter Hutton zu begegnen. Mark LaPore wiederum ist ein Filmemacher, der im Vergleich zu Peter Hutton weniger Bekanntheit erlangte. In der Tradition des Tagebuchfilms und des Reiseberichts verbrachte LaPore viele Jahre damit, die Welt zu bereisen, Menschen und Orte zu dokumentieren und tiefgreifende, persönliche Untersuchungen über die Natur des kulturellen Wandels und die Idee einer kritischen Ethnografie durchzuführen.
Wie Tom Gunning schreibt: „[LaPores Filme] sollten von jedem gesehen werden, der sich für das Kino interessiert und der sich dafür interessiert, wie diese Bildermaschine die Welt, die wir geschaffen haben, darstellen kann, insbesondere die Aspekte, die wir lieber ignorieren oder vergessen möchten. "Ihr Mut entspricht ihrer Schönheit und ihrer wachsenden Verzweiflung.“
Von den Arbeiten von Hutton und LaPore gehen mehrere Fluchtlinien aus, die auf Verbindungen zwischen den verschiedenen Filmemacherinnen der diesjährigen Ausgabe herstellen. Die Tradition des Tagebuchfilms als subjektive Reflexion über den Zustand der Welt (sowohl in ihren weiteren politischen Ausprägungen als auch in ihren intimen privaten Momenten) lässt etwa an Ute Aurand und Milena Gierke denken. Aurand, die in Frankfurt geboren wurde, dreht seit über vier Jahrzehnten Filme und hat sich ebenso lange unermüdlich dafür eingesetzt, das filmische Schaffen von Frauen zu fördern. Ihre Werke sind von einer haptischen Unmittelbarkeit durchzogen, die an die Intensität und Schönheit des Augenblicks glaubt, der auf Zelluloid festgehalten werden soll.
Gierke, der zur Generation nach Aurand gehört, studierte an der Städelschule bei Peter Kubelka und schloss sich 2001 dem Filmsamstag an, einem unter anderem von Ute Aurand gegründeten Kollektiv von Filmemacherinnen, das bis 2007 im Filmkunsthaus Babylon Programme präsentiert hat, die uns bis heute inspirieren. Gierkes Arbeiten, die sowohl Beobachtungsstudien und filmische Tagebücher umfassen, sind eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit dem vermeintlichen „Amateurformat“ Super 8 und zeichnen sich durch eine besondere Relation zwischen der Filmemacherin, ihrer Kamera und der gefilmten Welt aus. Im Fokus der diesjährigen Ausgabe stehen Werke, die Gierke während verschiedener Aufenthalte in New York realisiert hat, darunter ihr New York Film Diary, welches interessante Resonanzen zu Peter Huttons New York Portraits hervorruft.
Es war ebenfalls in New York, wo der junge Afroamerikaner Edward Owens seine Karriere startete und ein einzigartiges Werk schuf. Tragischerweise musste Owens das Filmemachen ebenso schnell wieder aufgeben, wie er seine Mittel gemeistert hatte, und seine Filmografie umfasst nur vier vollendete Filme. Umso mehr freuen wir uns, kürzlich restaurierte 8mm-Filme zeigen zu können, die Owens während seiner Zeit in Chicago gedreht hat.
Ein weiterer Schwerpunkt unseres Programms in diesem Jahr ist dem Zusammenhang von Ökologie und Kino gewidmet, einem Filmschaffen, das sich einer “anti-anthropozentrischen und anti-hierarchischen Haltung” verschrieben hat, wie es der Untertitel von Sílvia das Fadas' 3-Projektor-Live-Performance Light, Blaze, Fulgor formuliert. Ausgehend von einer Schwarz-Weiß-Fotografie, die die Ruinen der 1917 von António Gonçalves Correia gegründeten „Kommune des Lichts” zeigt, entwirft das Fadas das Kino als einen utopischen Raum, in dem die Träume der Zukunft durch die Ruinen der Vergangenheit kanalisiert werden – hin zu einer Welt, in der, wie Hölderlin es formulierte, „chacun soit comme tous” (jeder wie alle anderen ist).
Rose Lowder ist wie das Fadas eine Filmemacherin, deren Arbeit die Erforschung der Modalitäten und Modulationen der Kamera und des Projektionsdispositif mit einer Aufmerksamkeit für Ökologie und die uns umgebende Natur verbindet. Als eine der zentralen Figuren des europäischen Experimentalfilms hat sich Lowder auch aktiv für die Aufwertung und Archivierung dieser Art von Kino engagiert. In ihrer eigenen Praxis geht Lowder von der grundlegenden Erkenntnis aus, dass der Ausgangspunkt des Kinos nicht in der Illusion der Bewegung, sondern in dem Einzelbild selbst begründet liegt. Aus dieser monadenhaften Behandlung des Einzelbildes heraus hat sie in fast vier Jahrzehnten Filme geschaffen, die eine Verspieltheit in der Wahl ihrer Motive mit konzentrierter, formaler Strenge und handwerklicher Präzision verbinden. Wir freuen uns besonders, dass die peruanische Filmemacherin Nicole Remy ihr Werk in einen Dialog Lowders Arbeiten stellen wird. Remy wurde in Lima geboren und lebt seit 2021 in Madrid, wo sie das Master-Programm LAV absolviert hat. Die Begegnung zweier Künstlerinnen unterschiedlicher Generationen stellt für uns eines der Kernanliegen des Festivals dar und wir freuen uns besonders, einen Raum zu schaffen, der Resonanzen, Verwandtschaften, aber auch Unterschiede im experimentellen Filmschaffen der Gegenwart und Vergangenheit aufzeigt.
Wahre Biotope stellen die Filme von Hille Köhne und Uli Versum dar, wie es die Kuratorinnen der Reihe, Karola Gramann und Heide Schlüpmann, schreiben. Köhne arbeitete viel mit farbigen Folien, um das gefilmte Bild in einen "magischen Raum" zu verwandeln, "in dem Menschen und Gegenstände, Bäume und Pflanzen, auch Schriftzüge auftauchen und zu erzählen beginnen". Das Fantastische, Fabulierende wandelt sich zum Komischen, Absurden in Uli Versums Filmen, in denen Witz und Abgrund nah beieinander stehen.
Abschließend möchten wir uns bei allen Filmemacher:innen, Archiven, Veranstaltungsorten und denjenigen bedanken, mit denen wir zusammengearbeitet haben, um die diesjährige Ausgabe von exf f. zu ermöglichen: Dem gesamten Pupille-Team, Natascha Gikas und Andreas Beilharz vom DFF, Karola Gramann und Heide Schlüpmann, Miguel Armas, Arindam Sen, Daniel Swarthnas, Elena Duque, Teoman Yüzer, Kyle Westphal und Enrico Camporesi sowie allen helfenden Händen, die das Festival unterstützen. Ebenso danken wir Julia Rosenstock für die Gestaltung des Katalogs, Luisa Mielke für die Flyer und Plakate sowie Simon Bugert für die Website.
Auf fünf weitere Jahre !
exf f. ist ein festival, das dem experimentellen film in seiner vielgestaltigkeit, seiner geschichte wie auch gegenwart, gewidmet ist.
vier tage lang möchten wir einen begegnungsraum öffnen, in dem in gebündelter form verschiedene filmische arbeiten in ihren spezifischen medialitäten und materialitäten als eigenständige kunstform in den fokus gerückt werden. filme dieser art haben einen schwierigen stand. sie fügen sich weder in eine auf spiel- und dokumentarfilme konzentrierte filmlandschaft noch den gängigen logiken des kunstbetriebs, weshalb es nur wenig gelegenheiten gibt, sie als teil einer erweiterten, lebendigen kinokultur erfahren zu können. in unserem programm werden sowohl verschiedene analoge formate, von super 8 über 16mm und 35mm, als auch digitale produktionen und digitalisate restaurierter filme zu sehen sein.
ein großer dank geht an unsere förder:innen, die HessenFilm und Medien GmbH, das Kulturamt der Stadt Frankfurt, dem Instituto Cervantes Frankfurt und den AStA der Goethe-Universität Frankfurt, ohne deren unterstützung dieses festival nicht möglich ist.
wer auf dem laufenden bleiben möchte, kann sich auf unsere mailingliste eintragen lassen: exff.filmtage@gmail.com
martin klein, larissa krampert, björn schmitt