so 08/09 21:00 | abschlussprogramm – paul sharits: ray gun virus & razor blades (screening in der pupille)
Das diesjährige Abschlussprogramm bietet ein bewusstseinserweiterndes Doppelprogramm: Ray Gun Virus und Razor Blades von Paul Sharits, der sicherlich zu den einzigartigsten und idiosynkratischsten Persönlichkeiten des experimentellen Filmschaffens in den Vereinigten Staaten im 20. Jahrhundert zählt. Ursprünglich als Maler an der Kunsthochschule der Universität von Denver ausgebildet, begann Sharits in den 1960er Jahren mit 16-mm-Film zu arbeiten. Die Hauptmerkmale seines Werks aus dieser Zeit sind eine komplexe Sezierung der Semiotik, sowohl der (gesprochenen wie auch geschriebenen) Sprache als auch der Semiotik des Films – vor allem durch seinen intensiven Gebrauch des Flickereffekts.
Ray Gun Virus ist einer von Sharits' ersten Flickerfilmen, eine rasante Abfolge von farbigen, klaren und schwarzen Filmbildern. Um das Werk zu realisieren, filmte Sharits monochrome Blätter aus farbigem Papier und montierte das Filmmaterial anschließend in präzise visuelle Rhythmen. „Der Projektor ist eine audio-visuelle Pistole“, schrieb Sharits über Ray Gun Virus. „Der Netzhaut-Bildschirm ist eine Zielscheibe. Das Ziel: die vorübergehende Ermordung des normativen Bewusstseins des Zuschauers.“ Razor Blades wiederum ist eine 16mm-Doppelprojektion, wobei die Projektoren nicht genau synchronisiert werden. Wie viele von Sharits' Filmen besteht auch Razor Blades aus einem Strom verschiedener Bilder – monochrome Farben, gepunktete Muster, ausgeschnittene Bilder von Früchten, Körpern und Klingen. Bei der Betrachtung des Werks verschmilzt die Interaktion von Farben, die nebeneinander stehen, mit dem Persistenz-Effekt, der es dem Betrachter normalerweise ermöglicht, Bewegung wahrzunehmen, und erzeugt so ein Gefühl von visuellen Obertönen oder „Phantombildern“. Sharits erklärte einmal in einem Interview, dass seine Arbeit „uns an die Grenzen unserer Wahrnehmungsfähigkeit bringt, so dass man oft nicht sagen kann, ob das, was man erlebt, im Werk oder in einem selbst ist.”
Mit Dank an Light Cone (Paris, Miguel Armas) für die Bereitstellung der Filmkopien.
Festivalabschluss mit Doppelprojektion und Getränken nach dem Filmprogramm.
Ray Gun Virus
R: Paul Sharits, 16mm, farbe, ton, 14 min, 1966
Razor Blades
R: Paul Sharits, 2x16mm, farbe, ton, 25 min, 1965-1968