private fiktionen, kollektive erinnerungen. filme von edward owens

so 07/09 11:00 | edward owens (screening im dff)

Im Alter von 21 Jahren hatte Edward Owens bereits ein Stipendium für die School of the Art Institute of Chicago erhalten, bei Gregory Markopoulos studiert, sich einen prekären Platz in der queeren Underground-Szene New Yorks geschaffen, Andy Warhol kennengelernt, die Bewunderung von Charles Boultenhouse und Parker Tyler auf sich gezogen und eine Handvoll unverwechselbarer Filme gedreht, die weltweit aufgeführt wurden. Dann endete seine Karriere als Filmemacher abrupt und wurde nie wieder aufgenommen, während seine Filme 35 Jahre lang in der Sammlung der Film-Makers' Coop unausgeliehen auf ihre Wiederentdeckung warteten. Das Geheimnis um Edward Owens – seine unverwechselbare Ästhetik, seine außergewöhnliche Begabung für Überblendungen, sein kurze Präsenz im Zentrum des New American Cinema und sein langer Weg in die Vergessenheit – ist erst in den fünfzehn Jahren seit seinem Tod im Jahr 2010 in den Fokus gerückt. Viele Fragen bleiben unbeantwortet, Spekulationen und Mutmaßungen füllen kritische Lücken. Aus einem bestimmten Blickwinkel war Owens ein weiterer jugendlicher Cineast, der aus dem Tumult der 60er Jahre hervorging, neben Barbara Rubin, Warren Sonbert, Tom Chomont und Robert Beavers. Im Gegensatz zu seinen berühmten Zeitgenoss*innen war Owens Schwarz, ein Kind aus dem Süden Chicagos. Er hatte begonnen, seine Gemälde, Zeichnungen und Collagen in den Lobbys des Kaufhauses Charles A. Stevens und des Carnegie, einem Programmkino, auszustellen, wo Owens zusammen mit seiner Freundin Gloria Rich arbeitete, die später in zwei seiner Filme mitspielte. Die School of the Art Institute of Chicago nahm Owens auf, als er noch in der High School war. Owens' kurze Zeit an der SAIC überschnitt sich mit der von Markopoulos, der zwei Semester lang als Gastdozent tätig war. Owens zeigte Markopoulos einige seiner 8-mm-Filme, woraufhin dieser seinen Schüler ermutigte, seine Ästhetik weiterzuentwickeln, Chicago zu verlassen und mit ihm nach New York zurückzukehren. Wir können nicht genau wissen, welche 8-mm-Filme Markopoulos gesehen hat oder welche Elemente von Owens' aufkommendem Stil er lobte, aber die Auswahl an 8-mm-Arbeiten, die kürzlich von der Flaxman Library der SAIC wiederentdeckt, restauriert und in 16-mm-Blow-Ups umgewandelt wurden, ist aufschlussreich. In diesen kurzen unbetitelten Filmrollen sehen wir, wie Owens mit der Kamera experimentiert, Ereignisse um sich herum aufzeichnet (darunter ein Konzert von Barbra Streisand!) und ein Interesse für Oberflächen entwickelt, wobei er immer und immer wieder zu Buchcovern, Fotografien und Reproduktionen von Gemälden zurückkehrt, mit dem offensichtlichen Wunsch, die Texturen anderer Medien in den Bereich des Kinos zu übertragen. Viele der Bilder aus Owens' 8-mm-Skizzen tauchen in seinen 16-mm-Arbeiten wieder auf. Seine ersten beiden 16-mm-Filme, Autre fois, j'ai aimé une femme und Tomorrow's Promise, ahmen den körperlichen Klassizismus von Markopoulos nach. Seine letzten beiden Filme, Remembrance: A Portrait Study und Private Imaginings and Narrative Facts, gehen in eine andere Richtung: Sie greifen die Grammatik Schwarzer Home Videos auf und schaffen liebevolle Porträts von Owens’ Mutter und ihrem Freundeskreis. Der Soundtrack von Remembrance beginnt mit einer gesprochenen Einführung von Owens, gefolgt von Songs von Marilyn Monroe und Dusty Springfield. Für Owens’ Unterstützer:innen widersprach seine Musikauswahl der künstlerischen Integrität, sie war ein albernes, kitschiges Schwelgen in Popkultur, das in der gehobenen Welt des persönlichen Kinos nichts zu suchen hatte. (Was hätten Markopoulos und Tyler wohl von Streisand gehalten?) Owens tat entschlossen so, als gäbe es den Soundtrack nicht, und listete den Film im Katalog der Film-Makers' Coop als Stummfilm auf. Die Restaurierung dieser Filme bedeutete buchstäblich die Wiederherstellung von Owens’ eigener Stimme, um die Filme so zu präsentieren, wie er es sich einst erhofft hatte.

( Kyle Westphal, Chicago Film Society )

Die 16-mm-Filme von Edward Owens wurden in einem gemeinsamen Projekt der Chicago Film Society, der New American Cinema Group, Inc./The Film-Makers' Cooperative und der John M. Flaxman Library an der School of the Art Institute of Chicago restauriert. Dieses Projekt wurde durch die Unterstützung des Avant-Garde Masters Grant Program der National Film Preservation Foundation und der Film Foundation ermöglicht. Finanziert von der Hobson/Lucas Family Foundation. Restaurierung: BB Optics; Laborleistungen: Colorlab.

Die 8-mm-Filme von Edward Owens wurden von der School of the Art Institute of Chicago, John M. Flaxman Library, restauriert. Restaurierung: BB Optics. Laborleistungen: Colorlab. 16-mm-Kopien mit freundlicher Genehmigung der Chicago Film Society.

Alle Originalspulen waren unbetitelt. Die Titel stammen aus der zugewiesenen Archivnummerierung in der Edward Owens Collection, School of the Art Institute of Chicago.

Mit Pause

Untitled Owens - Reel 16

R: Edward Owens, 8mm zu 16mm, farbe, stumm, 4 min, 1966

Untitled Owens - Reel 17

R: Edward Owens, 8mm zu 16mm, farbe, stumm, 21 min, 1966

Untitled Owens - Reel 18

R: Edward Owens, 8mm zu 16mm, farbe, stumm, 4 min, 1966

Untitled Owens - Reel 19

R: Edward Owens, 8mm zu 16mm, farbe, stumm, 4 min, 1966

Untitled Owens - Reel 20

R: Edward Owens, 8mm zu 16mm, farbe, stumm, 4 min, 1966

Autre Fois J'ai Aimé Une Femme

R: Edward Owens, 16mm, farbe, ton, 24 min, 1966

Tomorrow’s Promise

R: Edward Owens, 16mm, farbe, ton, 45 min, 1967

Private Imaginings and Narrative Facts

R: Edward Owens, 16mm, farbe, stumm, 9 min, 1968-1970

Remembrance: A Portrait Study

R: Edward Owens, 16mm, farbe, ton, 6 min, 1967

Edward Owens – Tomorrow´s Promise (1967)
Edward Owens – Tomorrow´s Promise (1967)
Edward Owens – Remembrance: A Portrait Study (1967)
Edward Owens – Remembrance: A Portrait Study (1967)
Edward Owens – Autre Fois J'ai Aimé Une Femme (1966)
Edward Owens – Autre Fois J'ai Aimé Une Femme (1966)